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Topinambur in der Brennerei

Verarbeitung einer tollen Knolle.

Topinambur, auch “Erdapfel”, “Rossapfel” oder “Jerusalem-Artischocke” genannt, stammt ursprünglich aus Nord- und Mittelamerika, gehört zur Familie der Korbblütler und zählt zur selben Gattung wie die Sonnenblume. Die Wurzelknolle enthält reichlich Inulin, das – schließt man es auf – eine ideale Grundlage für die alkoholische Gärung bietet.

Die Verarbeitung von Topinamburknollen in der Abfindungsbrennerei war lange mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Dies vor allem deshalb, weil es kein Enzympräparat gab, das einfach einzusetzen war und so einen unproblematischen und sicheren Abbau des Inulins auch bei pH-Werten um pH 3,0, also im “Säureschutzbereich”, gewährleisten konnte.
Inulin ist ein Reservekohlehydrat, das ähnlich wie die Stärke in Getreide oder Kartoffeln, in der Topinamburknolle eingelagert ist. Deshalb ist dieser Inulingehalt, wie der Zuckergehalt bei klassischen Obststoffen, für die Höhe der Alkoholausbeute von großer Bedeutung.
Inulin ist aber, ebenso wie die Stärke, nicht direkt vergärbar. Dies bedeutet, dass das Inulin zuerst freigesetzt und dann enzymatisch abgebaut werden muss.

ERSTES GEBOT: SAUBERE KNOLLE

Da die Topinamburknollen ausgegraben werden müssen, sind sie natürlich auch mit Erdresten behaftet. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Ablauf des Maischprozesses und der anschließenden Gärung ist es daher, dass die Knollen möglichst sauber verarbeitet werden. Dies ist gerade bei solchen Sorten, deren Oberfläche nicht so “glatt” geformt ist, nur mit einem großen Aufwand möglich.
Bei Knollen, die in gefrorenem Zustand gereinigt werden, besteht die Gefahr, dass die angefrorene Erde nicht im erforderlichen Maß entfernt werden kann. Deshalb ist es unerlässlich, dass die Reinigung möglichst mit warmem Wasser und einem Hochdruckreiniger durchgeführt wird. Durch das warme Wasser werden die Knollen zudem noch vorgewärmt. Dies schlägt sich auch in der Temperatur der späteren Maische nieder.
Werden die Knollen dagegen zu kalt eingemaischt, kann die ideale Gärdauer von vier bis fünf Tagen nicht eingehalten werden. Dadurch erhöht sich die Gefahr einer Maischeinfektion.

VERARBEITUNGSVARIANTEN BEIM EINMAISCHEN

Das Inulin kann man auf zweierlei Weisen abbauen und für die Vergärung zugänglich machen:

1. Inulinabbau durch die knolleneigene Inulinase
Da dieses Enzym erst durch eine Frosteinwirkung aktiviert wird, können nur solche Knollen verarbeitet werden, die schon eine Frostperiode hinter sich haben. Da ein mehrjähriger Anbau auf demselben Feld möglich ist, dürfte diese Voraussetzung zu erfüllen sein.
Ein viel größerer Nachteil dieser Variante ist die Tatsache, dass diese Enzyme säureempfindlich sind, d. h. dass sie pH-Werte unter pH 4,7 nicht vertragen und so nur noch eingeschränkt bzw. gar nicht mehr arbeiten. Dies hat gerade bei diesem schwer zu reinigenden Rohstoff den großen Nachteil, dass eine sichere Verarbeitung unter einem ausreichenden Säureschutz bei pH 3,0 nicht möglich ist.

2. Inulinabbau durch Fremdenzyme
Ein sicherer Abbau gelingt durch Zugabe eines speziell für die Verarbeitung von Topinambur zusammengestellten Enzympräparates, das selbst bei pH 3,0 noch wirksam ist. Die Maische wird verflüssigt, das Inulin schnell abgebaut und die Fruktose freigesetzt. In Verbindung mit einer gärkräftigen Hefe hat man so beste Voraussetzungen für ein gutes Betriebsergebnis.

WEITERE VORGEHENSWEISE

Zu Beginn der Gärung muss unbedingt ein Entschäumungsmittel zugegeben werden. Ferner empfiehlt es sich, den Steigraum großzügig zu bemessen. Ist die Gärung abgeschlossen, sollte die Maische zügig und mit hoher Verstärkung abgebrannt werden – eine Lagerung empfiehlt sich nicht.

GESETZLICHE VORGABEN:
DAS GILT ES ZU BEACHTEN

Nach dem neuen EG-Spirituosenrecht (siehe KB 5/2008) ist Topinambur oder Brand aus Jerusalem-Artischocke eine Spirituose, die ausschließlich durch Gärung und Destillation von Topinamburknollen (Helianthus tuberosus L.) zu weniger als 86 % Vol. gewonnen wird. Der Mindestalkoholgehalt beträgt 38 % Vol. Es gilt ein ausdrückliches Verbot, Alkohol und Aromastoffe zuzusetzen. Eine Färbung mit Zuckerkulör ist nur zulässig, sofern das Erzeugnis zuvor im Holzfass gereift ist (“zur Anpassung der Farbe”). “Färbende” Zuckerarten, wie z. B. gebrannter Zucker oder Karamellsirup, sind weiterhin ebenfalls bis zur Zuckerungshöchstgrenze zulässig.
Die eigenständige Verkehrsbezeichnung “Spirituose” als Verkehrbezeichnung ist nicht mehr notwendig und auch nicht mehr zulässig.

Auszug aus dem Fachmagazin “Kleinbrennerei” 11/2009
Autor: Otfried Jung, Universität Hohenheim
www.kleinbrennerei.de

Datum: Freitag, 12. Februar 2010
Themengebiet: Brennerei-Kellerei-Mosterei, Rekru Trackback: Trackback-URL
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