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(Obst)Geiste – das Wichtigste in Kürze

SPEZIALITÄTEN AUS DER ABFINDUNGSBRENNEREI

Die Herstellung von Obstgeisten erscheint auf den ersten Blick einfacher als diejenige von Obstbränden, weil dazu weniger Verfahrensschritte erforderlich sind. Trotzdem sind auch hier, will man Qualitätsprodukte herstellen, umfangreiche brennerei-technologische Kenntnisse erforderlich. Hinzu kommt noch eine Reihe gesetzlicher Vorschriften, die eingehalten werden müssen.

In der “Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89″ sind die gesetzlichen Vorgaben für die Herstellung von Spirituosen der Kategorie “Geist” in Anhang II Nr. 17 eindeutig festgelegt.

WANN IST EIN GEIST EIN GEIST?

Nach wie vor gilt die Grundregel, dass Geiste aus zuckerarmen Früchten oder Beeren hergestellt werden dürfen. Geiste aus Williams-Christ-Birnen, Quitten, Aprikosen, Pfirsichen, Mirabellen und Orangen sind weiterhin nicht zulässig, auch wenn sie immer wieder einmal in den Handel kommen.
Die derzeitige Trendspirituose Haselnussgeist darf nur dann als “Geist” deklariert werden, wenn zur Herstellung ausschließlich Haselnüsse und “Feinsprit” verwendet wurden. Zusätze, die der Aroma- bzw. Geschmacksverbesserung dienen, verwandeln den “Geist” in eine “Spirituose”, die  dann auch entsprechend gekennzeichnet werden muss.
Danach ist Geist mit der Bezeichnung der verwendeten Frucht oder des verwendeten Ausgangstoffes eine Spirituose, die durch Mazeration von in der Kategorie 16 Buchstabe a Ziffer ii aufgeführten unvergorenen Früchten und Beeren oder von Gemüse, Nüssen oder anderen pflanzlichen Stoffen wie Kräuter oder Rosenblätter in Ethylalkolhol landwirtschaftlichen Ursprungs und anschließender Destillation zu weniger als 86 % Vol. gewonnen wird. Der Mindestalkoholgehalt des fertigen Geistes beträgt 37,5 % Vol. Die Bezeichnung der verwendeten Frucht oder des verwendeten Ausgangstoffes muss angegeben werden. Geiste dürfen zudem nicht aromatisiert werden. Außerdem gilt das Färbungsverbot nach EG-Farbstoff-Richtlinie.

BRENNEREITECHNOLOGISCHE KENNTNISSE ERFORDERLICH

Bei Obstgeisten hat man immer Gewähr, dass die typischen Früchte auch sehr sauber in das Destillat übergehen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass im Gegensatz zur Gärung der klassischen Obstmaischen während der Mazeration keine negativen Gärungsnebenprodukte entstehen. Trotzdem gilt auch hier, dass nur einwandfreies Rohmaterial verwendet werden darf, will man ein ansprechendes Produkt herstellen.
Aber selbst wenn Gefahrenquellen wie Fehlgärung oder Maischelagerung bei der Geistherstellung ausgeschlossen werden können, muss hier mit großer Sorgfalt gearbeitet werden. Auch bei der Herstellung von Obstgeisten ist die Qualität des verwendeten Rohstoffs die Basis für die Qualität des späteren Destillates. Deshalb muss man bei der Auswahl der Früchte besonders kritisch sein, denn qualitativ hochwertige Obstgeiste sind gekennzeichnet durch die Verwendung besonders aromatischer, sehr sorgfältig ausgesuchter Partien.

WELCHES FRUCHTVERHÄLTNIS SOLL MAN WÄHLEN?

Auch bei der eingesetzten Rohstoffmenge darf nicht gespart werden. So sollten je Liter Alkohol bei Schlehen 2 kg, bei Himbeeren und Vogelbeeren 1 bis 1,5 kg eingesetzt werden. Bei den besonders aromatischen Waldhimbeeren reicht ein Verhältnis 1 : 1. Entgegen anders lautenden Literaturangaben hat sich ein in unserem Hause mit einem Verhältnis 2 : 1 angesetzter Obstgeist aus Schwarzen Johannisbeeren als sehr typisch, also ohne jede Fremdnote, erwiesen. Gerade bei Himbeeren ist darauf zu achten, dass diese beim Ansetzen noch nicht angegoren sind. Dies zu vermeiden ist jedoch nicht immer ganz einfach, da deren Ernte in eine relativ warme Jahreszeit fällt. Deshalb müssen sie sofort überspritet werden. Auch ein Einfrieren für eine spätere Verarbeitung ist ohne Qualitätsverlust möglich.

BESONDERHEITEN – DAS GILT ES ZU BEACHTEN

Eine wichtige Voraussetzung für eine Erfolgversprechende Verarbeitung bei Schlehen und Vogelbeeren ist, dass diese Früchte vorher einer Frosteinwirkung ausgesetzt waren. Dieser Kälteschock löst gerade bei Schlehen den Abbau von Gerbstoffen aus. Dadurch werden die Früchte aromatischer. Sollte aufgrund der klimatischen Verhältnisse eine Frosteinwirkung nicht stattgefunden haben, kann man diese auch durch eine “künstliche” Behandlung in einer Tiefkühltruhe ersetzen. Schlehen haben relativ große Steine und eine dünne Fruchtfleischhülle, die allerdings eine sehr feste Haut hat. Bei der Vorbereitung der Beeren für die Mazeration können daher auch die Steine leicht zerstört werden und so zu einem zu starken Bittermandelton im Destillat führen. Deshalb sollte man Schlehenansätze spätestens nach einer Woche abdestillieren. Eine sichere Aufarbeitung von Schlehen ist daher nur mit einer großzügig eingestellten Walzenmühle oder einem Schneid- und Rührwerk möglich.
Bei Himbeeren reicht eine Mazerationszeit von ein bis zwei Tagen für einen ausreichenden Aromaaustausch aus. Eine zu lange Extraktionszeit birgt die Gefahr, dass die zahlreich vorhandenen Samen auch mit ausgelaugt werden und das feine Himbeeraroma überlagern.

AUCH HIER: VOR- UND NACHLAUFABTRENNUNG UNERLÄSSLICH

Da bei der Herstellung von Obstgeisten immer nahezu reiner Ethylalkohol verwendet wird, gehen viele Brenner davon aus, dass man bei deren Destillation zumindest keinen Vorlauf mehr abtrennen muss. Dies ist aber nicht so. Auch hier reichert sich beim Anlaufen des Destillates noch Vorlauf an, natürlich nicht so viel wie bei Obstmaischen. Um eine sichere Abscheidung zu gewährleisten, sollte man deshalb zunächst einmal 200 ml sammeln und danach etwa 10 Fraktionen zu je 50 ml abfangen. Nun kann man sich in Ruhe von der letzten Fraktion her durch eine sensorische Untersuchung der Umschaltfraktion nähern. Ist man sich dabei nicht ganz sicher, leistet der Vorlauf-Abtrennungstest gute Dienste.
Die Abtrennung des Nachlaufes kann man einfacher und vor allem sicherer vornehmen, wenn beim Brenngerät im dritten Verstärkerboden ein Thermometer eingebaut ist. Zeigt dies 92° C an, befinden sich hier bereits Nachlaufbestandteile. Nun sollte man die Vorlage in ein separates Gefäß entleeren und diesen Vorgang nochmals wiederholen. Zwischen diesen beiden Fraktionen ist dann schon ein deutlicher Unterschied in Richtung typischer Nachlaufkomponenten zu erkennen. Zumeist kann die zweite Fraktion schon eindeutig dem Nachlauf zugeordnet werden. Die Abtrennung des Nachlaufes über das Vorlage-Alkoholometer (“Alkohol-Spindel”), wie z. B. das “Herunterbrennen auf 50 % Vol., ist nicht mehr zeitgemäß.

DESTILLATION: ZEIT AUSREICHEND UND RICHTIG BEMESSEN!

Für einen Abtrieb sollte man einen Brenntag einkalkulieren. Bei einem Ansatz Alkohol zu Frucht von 1 : 2 sind in einer vollen Brennblase etwa 50 l Alkohol. Bei einer Destillationsgeschwindigkeit von 6 l in der Stunde und einer Anlaufzeit von etwa einer Stunde kommt man auf diesen Zeitraum, auch wenn man im Nachlaufbereich schneller destillieren kann. Die Nachläufe sollte man auf jeden Fall sammeln. Reicht deren Menge für eine sinnvolle Destillation aus, kann man diese dann dazu steuerfrei anmelden.

Praxisbeispiel
Ansatz von 40 kg Schwarzen Johannisbeeren mit 25 l Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs mit einem Alkoholgehalt von 96,3 % Vol. Dieser Ansatz entspricht nicht den bisherigen Literaturangaben, die von einem deutlich geringeren Fruchteinsatz von max. 1 : 1 ausgehen. Insgesamt wurden also 23,9 l Alkohol verwendet.
Die Destillation erfolgte nach sechs Tagen ohne Verstärker, also nur mit Kühlung des Dephlegmators. Es ergab sich folgendes Ergebnis, ermittelt mit Hilfe der Tafel 2 der Amtlichen Alkoholtafeln:
> Vorlauf:
0,25 kg (0,3 l) mit 85 % Vol.: 0,3 l Alkohol
> Mittellauf:
19,0 kg (23,5 l) mit 86 % Vol.: 19,4 l Alkohol
> Nachlauf:
3,6 kg (4,5 l) mit 65 % Vol.: 2,8 l Alkohol
Alkoholausbeute bei der Destillation: 22,5 l Alkohol
Bezogen auf die ursprünglich eingesetzte Alkoholmenge entspricht dies einer Destillationsausbeute von 94 % bzw. einem Destillationsverlust von 6 %. Der Anteil des Mittellaufs beträgt dabei 86 %.
Anzumerken ist noch, dass die Brennblase mit Wasser auf 120 l aufgefüllt wurde. Laut Brennbuch betrug die Destillationszeit 6 Stunden und 10 Minuten.

Auszug aus dem Fachmagazin “Kleinbrennerei 6/2011″
Autor: Otfried Jung, Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie, FG Gärungstechnologie mit Lehrbrennerei, Stuttgart-Hohenheim
www.kleinbrennerei.de

Datum: Dienstag, 5. Juli 2011
Themengebiet: Brennerei-Kellerei-Mosterei, Rekru Trackback: Trackback-URL
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