ReKru GmbH

Das neue EG-Spirituosenrecht

Was ändert sich für die Brenner/innen?

Seit dem 20. Mai 2009 gilt die Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89. Der folgende Beitrag gibt eine Übersicht über die wesentlichen Änderungen und beantwortet die am häufigsten gestellten Fragen aus der Praxis.

Bis zum 20. Mai 2009 nach bisher geltendem Recht hergestellte Spirituosen dürfen noch bis zur Erschöpfung der Bestände abverkauft werden. Für den Hersteller bzw. Vertreiber ergeben sich in diesem Zusammenhang folgende Fragen:

  • Welche Änderungen bringt das neue Spirituosenrecht für meine Produktpalette?
  • Was muss ich bei der Herstellung und Kennzeichnung/Etikettierung beachten?
  • Welche Möglichkeiten und Grenzen habe ich, meine traditionell hergestellten Erzeugnisse entsprechend zu vermarkten?
  • Welche Möglichkeiten der innovativen Herstellung ergeben sich für mich?

Ziele der neuen Regelung
Das neue EG-Spirituosenrecht soll eine bessere und transparentere Regelung schaffen; es ist klarer gegliedert und übersichtlicher als die Vorgänger-Verordnung. Begrüßenswert sind die Erweiterung des Schutzes von Spirituosenbezeichnungen, auch in Bezug auf andere Lebensmittel sowie der Schutz von Erzeugnissen mit geografischen Angaben.

Wichtige Ziele bei der Erarbeitung dieser Verordnung waren die Erhaltung der Qualitätsstandards für einzelne Produktkategorien (z. B. der Brände der Kategorien 1 bis 14 in Anhang I durch abschließende Regelung der zulässigen Bestandteile), die Verbesserung des Verbraucherschutzes sowie die Schaffung einer höheren Markttransparenz und fairer Wettbewerbsbedingungen.

Allgemein Änderungen

  • Künftig existiert nur noch die Auffangbezeichnung “Spirituose”, wenn Erzeugnisse nicht alle Anforderungen einer bestimmten Produktkategorie erfüllen oder überhaupt nicht in der Verordnung definiert sind (vorher: “Spirituose” oder “alkoholisches Getränk”).
  • Der Schutz der Spirituosenbezeichnungen wurde auf alle Lebensmittel ausgedehnt. Zu dieser Regelung, die in den Artikeln 9, 10 und 11 der Spirituosenverordnung genauer dargestellt ist und bisher bereits zu Unsicherheit und heftigen Diskussionen bezüglich ihrer Auslegung geführt hat, hat die EU-Kommission sogenannte allgemeine Leitlinien für die Umsetzung erlassen. Die Regelungen betreffen im Wesentlichen die Zulässigkeit sogenannter “compound terms”, also zusammengesetzer Bezeichnungen wie “Wodka-Likör”, “Kirsch-Likör” etc. Über deren Inhalt und Auswirkungen für die Herstellerpraxis soll in einem späteren Beitrag berichtet werden.
  • Eine Aromatisierung von Bränden der Kategorien 1 bis 14 des Anhangs II ist bis auf wenige geregelte Ausnahmen (Branntwein, Weinbrand/Brandy und Tresterbrand) nicht zulässig. Die Art der Aromatisierung ist genau vorgegeben; es darf sich nur um traditionelle Herstellungsverfahren handeln. Zulässig sind beispielsweise Auszüge aus getrockneten Pflaumen, grünen (unreifen) Walnüssen (auch getrocknet) oder getrockneten Mandelschalen (auch geröstet).
  • Ein zulässiger Zuckerzusatz zur Abrundung wird demnächst EG-weit einheitlich per Höchstgrenze geregelt.
  • Für alle geografisch geschützten Produkte, auch für die bereits im Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 aufgenommen, müssen innerhalb der nächsten sieben Jahre sog. “technische Unterlagen” erarbeitet werden, in denen die Produkte hinsichtlich ihrer chemischen, sensorischen und physikalischen Eigenschaften charakterisiert werden und in denen auf spezifische Herstellungsverfahren eingegangen wird.
  • Die Verwendung geografischer Angaben, die nicht im Anhang III aufgeführt sind, wird generell in einer nationalen Vorschrift geregelt werden. Hierbei ist die Definition des Herstellungortes zu beachten (der Ort oder die Region, wo die Phase der Herstellung des Fertigerzeugnisses stattgefunden hat, in der die Spirituose ihren Charakter und ihre wesentlichen endgültigen Eigenschaften erhalten hat). Auch darf eine geografische Angabe nicht geeignet sein, den Verbraucher zu täuschen.

Spezielle Regelungen für einzelne Spirituosenkategorien

  • Für Whisky besteht ein Zuckerungsverbot, d. h. die teilweise übliche Praxis eines Zusatzes von Zuckerkaramell zur Standardisierung der Farbe ist künfig nicht mehr zugelassen. Als einziger Stoff zur Farbgebung darf einfache Zuckerkulör (E 150 a) zugesetzt werden.
  • Korn und Kornbrand, die nunmehr als geografisch geschützte Angaben gelten, werden hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Herstellungsverfahren in einer sog. Technischen Unterlage geregelt. Der mindestalkoholgehalt wird weiterhin 32 % Vol. (Korn), 37,5 % Vol. (Kornbrand) bzw. 38 % Vol. (Doppelkorn) betragen. Ein Zusatz von Zuckerkulör zur Farbgebung ist nicht zugelassen.
  • Bei der Herstellung von Weinbrand ist zu beachten, dass Auszüge aus grünen (unreifen) Walnüssen bzw. aus getrockneten Mandelschalen (auch geröstet) als allergene Zutaten auf dem Etikett zu deklarieren sind. Dies muss mit den Worten “Enthält Auszüge aus (Wal-) Nüssen” bzw. “Enthält Auszüge aus Mandeln (Mandelschalen) erfolgen.
  • Eine Aromatisierung von Tresterbrand mit traditionell verwendeten Bonifikateuren (Auszüge aus Eichenholz, getrockneten Pflaumen, grünen Walnüssen oder getrockneten Mandelschalen) ist zulässig, eine Färbung mit Zuckerkulör zur Farbstandardisierung darf nur bei holzgelagerten Erzeugnissen erfolgen. Eine Zuckerungshöchstmenge wird demnächst EG-weit einheitlich geregelt.
  • Zulässige Rohstoffe zur Herstellung von Obstbrand sind künftig auch Beeren und Gemüse. Der Blausäure-Grenzwert für Steinobstbrand wurde von 10 g/hl reinem Alkohol (r. A.) (entsprechend 40 mg/l eines 40 %igen Erzeugnisses) auf 7 g/hl r. A. (entsprechend 28 mg/l eines 40 %igen Erzeugnisses) abgesenkt. Der Grenzwert für Methanol wurde bei Bränden aus Pfirsichen und Aprikosen von 1000 auf 1200 g/hl r. A. aus Quitten von 1000 auf 1350 g/hl r. A. angepasst. Obstbrände dürfen weder aromatisiert noch gefärbt werden. Auch bei holzgelagerten Erzeugnissen ist keine Farbstandisierung mit Zuckerkulör zulässig! Ein Zuckerungs-Höchstwert wird demnächst EG-weit geregelt. Die Möglichkeiten der Auslobung einer Nicht-Zuckerung beschränken sich derzeit auf die Angabe “100 % Obstbrand”, die freiwillige Angabe eines Zutatenverzeichnisses oder die freiwillige Angabe einer Nährwerttabelle.
  • Hefebrand, ergänzt durch die Bezeichnung des verwendeten Ausgangsstoffes, gilt künftig als alleinige Verkehrsbezeichnung, d. h. das Wort “Spirituose” muss nicht mehr hinzugefügt werden. Es besteht ein Verbot der Aromatisierung und des Zusatzes von Alkohol. Eine Färbung mit Zuckerkulör zur Farbstandisierung ist nur bei holzgelagerten Erzeugnissen zugelassen. Ein Zuckerungs-Höchstwert wird demnächst EG-weit geregelt.
  • Auch bei Bierbrand ist der Zusatz des Wortes “Spirituose” künftig nicht mehr erforderlich. Die Destillation eines Bierbrandes muss unter Normaldruck erfolgen (nicht im Vakuum) und es muss sich um frisches Bier handeln (kein Rücklauf-, Tropf- oder überlagertes Bier!). Bezüglich eines Zuckerkulör- und Zuckerzusatzes gilt die Regelung wie bei Hefebrand.
  • Auch bei Topinambur ist künftig der Zusatz des Wortes “Spirituose” nicht mehr erforderlich. Bezüglich der Regelungen zur Aromatisierung, eines Zusatzes von Alkohol, Zuckerkulör bzw. Zucker wird auf Hefebrand verwiesen.
  • Zur Herstellung von “-brand” (unter Voranstellung der Bezeichnung der verwendeten Frucht), der durch Mazeration und Destillation gewonnen wird, dürfen zu je 100 kg Früchten – teilweise vergoren oder nicht vergoren – höchstens 20 Liter Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs (Neutralsprit) und/oder Brand und/oder Destillat aus derselben Frucht zugesetzt werden. Die Herstellung ist auf bestimmte Früchte oder Beeren beschränkt; diese sind unter der Kategorie “Geist” aufgeführt. Es besteht ein Verbot der Aromatisierung.
  • Die Frucht- bzw. Beerenarten, die zur “Geist”-Herstellung verwendet werden dürfen, sind die folgenden (abschließende Regelung): Brombeere, Erdbeere, Heidelbeere, Himbeere, Rote und Schwarze Johannisbeere, Schlehe, Vogelbeere, Eberesche, Stechpalme, Elsbeere, Holunder, Hagebutte, Banane, Passionsfrucht, Cythera-Pflaume und Mombinpflaume. Daneben können auch Gemüse und alle Nussarten sowie sonstige pflanzliche Erzeugnisse wie Kräuter oder Rosenblätter zur Geistherstellung eingesetzt werden. Geiste aus Aprikosen, Mirabellen, Quitten oder Pfirsichen sind nicht mehr zulässig. Für Produkte, die aus nicht genannten Früchten nach dem Geistverfahren hergestellt sind, kann nur die Bezeichnung “Spirituose, durch Mazeration und Destillation gewonnen” verwendet werden. Für Geist besteht ein Verbot der Aromatisierung; ein Färbungsverbot wird demnächst national in der AGeV geregelt.
  • Welche Auswirkungen die derzeitige Auslegung des neuen Spirituosenrechts sowie die von der Kommission erarbeiteten Leitlinien für Liköre haben werden, bleibt abzuwarten. Zu nennen sind hier als Beispiele “Kirsch-Likör” und “Williams-Likör”, da sowohl “Kirsch” als auch “Williams” eigenständige Kategorienbezeichnungen für Obstbrände sind. Strittig ist bisher noch , ob diese Verkehrsbezeichnungen überhaupt noch verwendet werden dürfen, oder ob diese Produkte künftig mit Worten wie “Likör aus Kirschen” bzw. “Likör aus Williams-Birnen” umschrieben werden müssen. Demnächst wird es voraussichtlich eine nationale Regelung für “Weinlikör” (bisher keine zulässige Bezeichnung gemäß Weinrecht) sowie für “Fruchtsaftlikör” (Mindest-Fruchtsaftanteil) in der AGeV geben.
  • Künftig können zur Herstellung von Eierlikör außer Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs (Primasprit) auch Destillate und Brände verwendet werden. Der Mindest-Eigelb-Gehalt beträgt 14 g Reineigelb/l Fertigware. Eine Mitverwendung von Milch und/oder Sahne bei der Herstellung ist zulässig, wenn das Produkt hierdurch geschmacklich nicht dominiert wird. Allerdings ist im Falle eines derartigen Zusatzes eine Allergen-Kennzeichnung mit den Worten “Enthält Milch (Sahne)” erforderlich.

Auszug aus dem Fachmagazin “Kleinbrennerei”
Verfasst von: Dr. Claudia Bauer-Christoph, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittesicherheit, Würzburg

Hier können Sie die Verordnung (EG) Nr.110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr.1576/89 nachlesen. Informationen
www.kleinbrennerei.de

Datum: Dienstag, 18. August 2009
Themengebiet: Brennerei-Kellerei-Mosterei, Rekru Trackback: Trackback-URL
Feed zum Beitrag: RSS 2.0

Kommentar abgeben

blogoscoop Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de rss reader