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Sortenvielfalt bei Zwetschgenbränden

Zentrale Fragen bei der Verfolgung des Zieles, möglichst einzigartige und qualitativ herausragende Obstbrände zu erzeugen, ist die Wahl des geeigneten Rohstoffes, also der Obstsorte mit den besten Brenneigenschaften. In der Versuchs- und Lehrbrennerei am DLR Rheinland-Pfalz wurden vier unterschiedliche Zwetschgensorten verarbeitet und sensorisch untersucht.

Mit dem Auslaufen des Deutschen Branntweinmonopols bis Ende 2017 gilt es für die deutschen Kleinbrenner umzudenken und neue Märkte zu erschließen. Eine Möglichkeit der (Neu-) Ausrichtung bietet die Produktion und Vermarktung von Spitzendestillaten, die sich nicht nur in Deutschland zunehmender Beliebtheit erfeuen. Solche Edelbrände und -geiste müssen sich in ihrer Qualität gegenüber der Massenware in der selben Produktsparte deutlich abheben und durch eine hohe sensorische Intensität an sortentypischen Aromen bestechen. Die Basis für eine hohe Sortentypizität wird bei der Wahl der zu verarbeitenden Obstssorten getroffen, wobei zu bedenken ist, dass bereits kleine Konzentrationsunterschiede an Aromastoffen in der Frucht große sensorische Unterschiede im fertigen Destillat nach sich ziehen können.

NEUE ZWETSCHGENSORTEN FÜR DIE BRENNEREI

Unter den rund 15 Zwetschgensorten, die im deutschen Brennereiwesen kommerziell verarbeitet werden, gibt es zahlreiche Kreuzungen, die scharkatolerant sind, eine hohe Fäulnisresistenz aufweisen und gute Erträge verzeichnen. So werden neben der Bühler Frühzwetschge und der spätreifenden Hauszwetschge heute auch Sorten wie beispielsweise ‘Presenta’  (‘Ortenauer’ x ‘President’) verarbeitet, die nicht nur ein attraktives Reifefenster, sondern auch eine neue, interessante Aromavielfalt mit sich bringen. Die in den 90er Jahren in Geisenheim gezüchtete Zwetschgensorte ‘Toptaste’ (‘Valor’ x ‘Hauszwetschge’) zeichnet sich ebenfalls als eine vielversprechende Sorte ab. Sie hat eine für die Verarbeitung interessante Fruchtgröße, ein gutes und harmonisches Aroma, ein langes Erntefenster und gilt als sicherer Träger. Das Ertragspotenial ist hoch bis sehr hoch und selbst in Frostjahren zeigt diese Sorte einen auskömmlichen Behang, wo andere Sorten auf gleichem Standort mit Totalausfall versagen. Die Sorte ‘Toptaste’ gilt wie die Sorte ‘Presenta’ als scharkatolerant, die Reife der ‘Toptaste’ liegt etwa Ende August/Anfang September in der Reifewoche 6 bis 7 kurz vor der Hauszwetschge.

VERSUCHSBRÄNDE AUS VIER ZWETSCHGENSORTEN

Vier unterschiedliche Zwetschgensorten wurden 2011 pflückreif geerntet und einen Tag nach dem jeweiligen Erntetermin mit einem Schneid-und Rührwerk (Fa. Bockmeyer) in der Versuchs- und Lehrbrennerei am DLR Rheinpfalz eingemaischt. Die jeweils 45 l umfassenden Maischen wurden mit dem Hefepräparat Spiriferm (Fa. Erbslöh) gemäß den Herstellerangaben beimpft. Die Gärung fand in 60 l Spannringfässern bei Raumtemperatur statt. Nach 4- wöchigem Maischekontakt waren alle Ansätze vollständig vergoren. Unter betriebsüblichem Einsatz aller Glockenböden, Dephlegmation, Katalysator und Rührwerk wurden die Maischen abdestilliert und anschließend über einen Faltenfilter kalt filtriert. Die Einstellung auf Trinkstärke mit 42 % Vol. erfolgte mit VE- Wasser (<1° dH). Um die jahrgangsabhängigen Schwankungen abbilden zu können, wurde der Versuch bei der Sorte ‘Toptaste’ im Folgejahr wiederholt. Aufgrund des Fruchtansatzes im Jahr 2012 wurden die Bäume ausgedünnt, was zu einer höheren Zuckereinlagerung führte. Die Ernte fand 2012 deutlich später statt.
• Um der Frage nach dem sensorischen Einfluss unterschiedlicher Zwetschgensorten auf den Grund zu gehen, wurden alle Brände im Januar 2013 von einem trainierten Panel, bestehend aus 16 Prüfern, verkostet. Die deskriptive Beurteilung wurde auf unstrukturierten Skalen (0-10) in zweifacher Wiederholung durchgeführt. Die Qualitäts- und Typizitätsbewertungen erfolgten anhand des DLG 5- Punkte Schemas ebenfalls in zweifacher Wiederholung. Alle Versuchsbrände wurden blind und in einheitlichen Gläsern verkostet. Die Verkostungsreihenfolge wurde für jeden Prüfer randomisiert.

SENSORISCHE VIELFALT

Die sensorischen Ergebnisse verdeutlichen die Verwandschaft der ‘Toptaste’ zur Hauszwetschge, da beide mehr mit Geruchseindrücken nach „frischer Zwetschge“ und „künstlicher Frucht/Gummibärchen“ und weniger mit Aromen wie „Limette“ und „Heu“ beschrieben wurden. Während bei der Sorte ‘Presenta’ das typische Zwetschgenaroma sowie die Zitrus- und Heuaromen mit gleich hoher intensität zu Buche schlugen, zeichnete sich die ‘Cacaks Beste’ vor allem durch die Gerüche „Limette“ und „Heu“ aus. Der Jahrgangsvergleich bei der Sorte ‘Toptaste’ zeigte eine große Schwankungsbreite im Primäraroma „Frische Zwetschge“. Die extrem reifen Früchte aus 2012 lieferten einen Brand, der nur noch eine geringe Intensität  an „frischer Zwetschge“ aufwies und in erster Linie mit dem Geruchsmerkmal „getrocknete Banane“ sowie einem „süßen Geschmack“ beschrieben wurde.

JAHRGANGSVERGLEICH BEI BRÄNDEN AUS ‘TOPTASTE‘

Beim Vergleich der beiden Jahrgänge zeigten die beiden ‘Toptaste’-Brände bei fast allen abgefragten Eigenschaften signifikante Unterschiede. In 2012 wurden das Primäraroma „Frische Zwetschge“ sowie das verhältnismäßige schwache Limettenaroma nur halb so stark wahrgenommen wie in 2011. Auch das Geruchsmerkmal „Heu“ nahm gegenüber dem Vorjahr um rund 20 % ab, was auf einen überreifen Zustand der Früchte hindeutet. Demgegenüber nahmen die sensorischen Attribute „getrocknete Banane“, „weiße Schokolade“, „Vanille“, „erdig“ und „süßer Geschmack“ im Jahrgangsvergleich um bis zu 40 % zu und ergaben letztendlich ein Geruchs- und Geschmacksbild, das stark an den Steinton erinnerte (Gesamtcyanid und Ethylcarbamat lagen unter der Nachweisgrenze).

ANTWORTEN AUF KERNFRAGEN

Die bei der sensorischen Untersuchung der Brände erzielten Ergebnisse dienten auch der Beantwortung zweier Kernfragen:

? Welchen Einfluss haben die sensorischen Unterschiede auf die Qualität und die Typizität von Zwetschgenbränden unterschiedlicher Sorten?
Die Qualitäts- und Typizitätsbeurteilungen anhand des DLG-5-Punkte-Schemas verdeutlichen insbesondere die Jahrgangsunterschiede bei den ‘Toptaste’-Bränden. Wärend alle Brände aus 2011 qualitativ ähnlich beurteilt wurden, erzielte die 2012er ‘Toptaste’ sowohl geruchlich als auch geschmacklich signifikant schlechtere Bewertungen. Eine deutlich feinere Differenzierung lieferte die Frage nach der Typizität der Brände. Im Gruch wurde die ‘Hauszwetschge’ am typischsten eingestuft, gefolgt von der 2011er ‘Toptaste’ und der ‘Presenta’. Am geruchlich untypischsten wurde ‘Cacaks Beste’ und die 2012er ‘Toptaste’ bewertet. Im Geschmack erreichten alle 2011er Brände eine vergleichbare Typizität, lediglich der 2012er Brand der Sorte ‘Toptaste’ wurde von der Prüfung als untypischer bewertet.

? Wie riechen Qualität und Typizität beim Zwetschgenbrand?
Die bisher gezeigten sensorischen Ergebnisse lassen vermuten, dass bestimmte Attribute entweder positiv oder negativ im Zusammenhang mit der Qualität und der Typizität der untersuchten Zwetschgenbrände stehen. Für die fünf untersuchten Zwetschgenbrände wurden die deskriptiven Bewertungen aller Attribute mit den Qualitäts- und Typizitätsbeurteilungen korreliert. Die dargestellten Ereignisse zeigen, dass die Qualität der Zwetschgenbrände vor allem mit einer hohen Intensität nach „frischer Zwetschge“ sowie mit hohen Intensität in den Geruchsmerkmalen „Limetten“ und „Heu“ zusammenhing. Nachteilig für die Qualität waren die Aromen „getrocknete Banane“, „künstliche Frucht“ und „Vanille“. Weiterhin fällt auf, dass ein „süßer Geschmack“ in den Zwetschgenbränden nicht förderlich, im Gegegenteil, eher abträglich für Qualität und Typizität der Brände war. Erwartungsgemäß ist für die Typizität von Zwetschgenbränden vor allem das Aroma „frische Zwetschge“ verantwortlich, während der Geruch nach „Limette“ nur eine untergeordnete Rolle für die Wiedererkennung der Frucht spielt. Interessant in diesem Zusammenhang ist aber vor allem, dass der Geruch nach „Heu“, der für die Qualität der Zwetschgenbrände offensichtlich von großer Bedeutung ist, keinen Einfluss auf die Typizität hatte.

FAZIT

Hochwertig, klare Zwetschgenbrände sollten ein unverwechselbares und  intensives Aroma nach frischer Zwetschge aufweisen, um einerseits dem Qualitätsanspruch an Edelobstbrände zu genügen und andererseits dem Konsumenten einen hohen Wiedererkennungswert zu liefern. Zitrusartige und/oder grasige Gerüche sind förderlich für die Qualität, stehen aber in keinem Zusammenhang mit der Typizität von Zwetschgenbränden. Im Gegensatz dazu können Trockenfrucht- und Kocharomen sowie schokoladige Noten in klaren Obstbränden negativ ausgelegt werden. Unterschiedliche Zwetschgensorten liefern sensorisch klar differenzierbare Brände und tragen im positiven Sinn zu einer Vielschichtigkeit im Sortiment der Brennereien bei. Jedoch sollte bei stark aromatischen Sorten mit hohen Erträgen (insbesondere Neukreuzungen) darauf geachtet werden, dass jahrgangsbedingte Reifeunterschiede zu großen sensorischen Unterschieden führen können. Ein sicherer Behang und eine hohe Umwelttoleranz dürfen nicht über die Notwendigkeit von obstbaulichen Maßnahmen und den richtigen Erntezeitpunkt hinwegtäuschen. Eine Überreife von Zwetschgen sollte vermieden werden, da damit ein Typizitätsverlust von Zwetschgenbränden einhergehen kann

Auszug aus dem Fachmagazin “Kleinbrennerei 7/2013
Autor: Prof. Dr. Dominik Durner, Kompetenzzentrum Weinforschung, DLR Rheinpfalz, Neustadt/Wstr.
Ulrich Straub, Abteilung Gartenbau, DLR Rheinpfalz, Neustadt/Wstr.
www.kleinbrennerei.de

 

 

 

Datum: Dienstag, 20. August 2013
Themengebiet: Brennerei-Kellerei-Mosterei, Brennereibedarf, Kellereibedarf, Mostereibedarf, Rekru Trackback: Trackback-URL
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